Geschichte des Stadtarchivs Osterode

Heinrich Wendt (1605 bis 1683) beschreibt in der Vorrede seiner Chronik der Stadt Osterode, wie er, nachdem er 1635 vom Rat der Stadt zum Sekretär berufen worden war, "die in confusion gerathene Registratur" wieder ordnete und für die Aufbewahrung des Schriftgutes einen "Kasten auf der Rathstube" fertigen ließ. Dadurch wurden die Unterlagen, die der große Stadtbrand von 1545 nicht vernichtete, wie auch die seither entstandenen Akten, Urkunden und Amtsbücher für die Zukunft gesichert. Einen weiteren Hinweis auf das Archiv erhalten wir aus der Kämmereirechnung für die Jahre 1771/72: Zwischen Mai und Juli 1772 bauten Handwerker im Rathaus eine "Archivkammer", für die damals immerhin 25 Reichstaler ausgegeben wurden.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts müssen die städtische Registratur und das Archiv in einem sehr schlechten Zustand gewesen sein. So schrieb Giebel 1846: "Nach einem festen Registratur-Ordnungs-System sah man sich vergeblich um; so wie denn auch von Repertoiren (=Archivalienverzeichnisse) keine Spur vorhanden war. Mangel an hinlänglichen Reposituren (= Aktenmagazinen) musste die Verwirrung und Vermischung der Acten auf den höchsten Grad steigern" . Die unzureichende Ordnung und Sicherung sowie der Raummangel führten schließlich dazu, dass während der Amtszeit des Bürgermeisters Christian Just Jacob Jenisch (1827 bis 1840) unsachgemäß kassiert wurde, das heißt, es wurden Akten vernichtet, ohne ihren Wert als historische Quelle zu berücksichtigen. Natürlich fielen insbesondere ältere Unterlagen diesem Versuch "Ordnung zu schaffen" zum Opfer.

Endlich beauftragte der Osteroder Magistrat im Jahre 1845 den ehemaligen Obervogt Giebel aus Herzberg mit der Neuordnung des Archivs und der Registratur. Er beschrieb den Zustand des Archivs zu Beginn seiner Arbeit mit folgenden Worten: "Man wußte nachgerade nicht mehr, wo man die abgethanen Acten wiederfinden, noch wo man mit den sich täglich mehrenden verschiedenartigsten currenten Producten bleiben sollte. Solcher chaotische Zustand erschwerte die Geschäfte der Magistrats-Mitglieder und Subalternen ungemein und führte unerträgliche Inconvenienzen (= Ungelegenheiten) herbei." Giebel schuf eine Gliederung des Schriftgutes in vier Hauptgruppen (Regiminalia, Stadt- und Kämmereiverwaltung, Zivilsachen, Kriminalsachen). Außerdem veranlasste er die Aufstellung von Archivregalen im Rathaus, mit deren Hilfe eine systematische und sachgerechte Aufbewahrung der Akten möglich wurde. Es war Giebels großer Verdienst, dass das Stadtarchiv nun sowohl für die Verwaltung als auch für die historische Forschung nutzbar gemacht werden konnte.

In den Jahren 1934/35 wurde das Heimatmuseum im Ritterhaus am Rollberg eingerichtet. Auch das historische Archiv, mit den für die laufende Verwaltungsarbeit nicht mehr benötigten Unterlagen, fand nun seinen Platz in diesem Gebäude. Leider stand dem Archiv nur wenig Raum zur Verfügung, so dass größere Aktenübernahmen aus der laufenden Registratur, die im Alten Rathaus verblieben war, in das historische Archiv nicht möglich waren. In den Jahren 1953 bis 1979 erfolgte eine Neuverzeichnung des historischen Archivs. Da Umbaumaßnahmen im Ritterhaus vorgenommen wurden und die Ausstellungsfläche des Heimatmuseums vergrößert werden sollte, musste das Archiv im Dezember 1973 in die Schachtrupp-Villa umziehen. Bei den dortigen räumlichen Verhältnissen war eine Trennung von Archivalienlagerraum, Büro des Archivars und Benutzerraum nicht möglich. Leider konnten auch in dieser Zeit aus Raummangel keine Aktenabgaben ins historische Archiv übernommen werden. Im Sommer 1990 schließlich zog das Stadtarchiv in die nun frei gewordenen Räume der Stadtverwaltung im Alten Rathaus um. Dieser dritte Umzug führte das Archiv an seinen ursprünglichen Lagerort zurück. Hier steht nun erstmals ausreichend Raum zur Verfügung. Die Archivalien sind in gesonderten Magazinräumen untergebracht, während für die Büroarbeit und die Benutzung eigene Zimmer zur Verfügung stehen. Der Archivbestand wird seitdem durch Übernahmen aus der laufenden Registratur erweitert, ergänzend konnten auch verschiedene Unterlagen privater Provenienz in das Stadtarchiv übernommen werden.

Archivbilder finden Sie in der Galerie

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